Team Bau- und Vergaberecht

Sicherheiten – Corona und Ostern
Angemessene Frist für Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB (KG, Beschluss vom 05.01.2021 – 27 W 1054/20)

Worum ging es?

Der Auftragnehmer forderte von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 26.03.2020 eine Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650f Abs. 1 BGB. Die Auftraggeberin wies die zunächst nur bis zum 02.04.2020 gesetzte Wochenfrist als unangemessen kurz zurück und bat unter Hinweis auf „die aktuelle Corona-Situation und die bevorstehenden Osterfeiertage“ um Verlängerung bis zum 17.04.2020. Der Auftragnehmer verlängerte die Frist daraufhin „nur“ bis zum 07.04.2020. Als innerhalb der verlängerten Frist keine Sicherheit gestellt wurde, kündigte der Auftragnehmer den Vertrag aus wichtigem Grund. Ist die Kündigung wirksam?

Wie entschied das KG?

Die gesetzte Frist sei angemessen, die erklärte Kündigung sei wirksam. Eine zur Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB gesetzte Frist sei angemessen, wenn sie so bemessen ist, dass sie dem Auftraggeber die Stellung der Sicherheit ohne schuldhaftes Zögern ermöglicht. Hierfür habe der Auftraggeber die Beschaffung der Sicherheit so weit wie möglich zu beschleunigen. In der Regel (jedoch stark abhängig vom Einzelfall!) könne hierfür eine Frist von sieben bis zehn Tagen ausreichend sein.

Die gesetzte Frist betrug nach der gewährten Fristverlängerung bis zum 07.04.2020 zwölf Tage. Diese Frist erachtete das Gericht als für die Auftraggeberin jedenfalls als angemessen, da diese als Projektentwicklerin im ständigen Kontakt mit Kreditinstituten stehe.

Der pauschale Hinweis der Auftraggeberin auf die „Corona-Situation“ und die Osterfeiertage genüge nicht, um eine längere Frist zu rechtfertigen. Nach Auffassung des Gerichts hätte konkret dargelegt werden müssen, welche Auswirkungen die Corona-Situation auf die Geschäfte mit der Bank und damit auf die Beibringung der Sicherheit hatte und aus welchem Grund ihr die Sicherheitsleistung vor den Osterfeiertagen (ab 11.04.2020) nicht möglich war. Das Gericht berücksichtigte ferner, dass die Auftraggeberin in ihrem Schreiben vom 31.03.2020 nicht einmal zu erkennen gab, dass sie in den vergangenen vier Tagen bereits Anstrengungen zur Beibringung der Sicherheit eingeleitet hatte.

Praxistipp:

Die Frage der Angemessenheit der zur Stellung einer Sicherheit gesetzten Frist ist für den Auftragnehmer entscheidend, wenn es darum geht, ob wegen Nichtstellung der Sicherheit gekündigt werden kann. Eine zu früh ausgesprochene Kündigung ist nicht nur unwirksam, sondern kann auch den Auftraggeber seinerseits zur außerordentlichen Kündigung mit entsprechenden Schadensersatzansprüchen berechtigen und damit gravierende Folgen für den Auftragnehmer nach sich ziehen.

Wird vom Auftragnehmer eine unangemessen kurze Frist gesetzt, bedeutet dies jedoch nicht, dass die Fristsetzung unwirksam ist. In diesem Fall wird automatisch eine angemessene Frist in Gang gesetzt. Es stellt sich dann jedoch die Frage, wann genau die angemessene Frist abläuft – dies hängt maßgeblich von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Für den Auftraggeber bedeutet das Urteil, dass die Beschaffung der Sicherheit größtmöglich beschleunigt werden sollte. Bestehen konkrete Hinderungsgründe, sind diese klar zu kommunizieren, will man eine fristlose Kündigung des Auftragnehmers vermeiden.

Bei weitergehenden Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen unsere Experten aus dem Bau- und Architektenrecht gern zur Verfügung.