Zur Frage der Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit
(§ 648a BGB a.F. / § 650 f. BGB n.F.) OLG Köln, Urteil vom 17.06.2020 – 11 U 186/19 noch nicht rechtskräftig (Revision eingelegt: BGH, Az. VII ZR 94/20)
- 25. September 2020
- Veröffentlicht durch: Ahlers & Vogel
- Kategorie: Bau- und Architektenrecht
Worum ging es?
In der vorstehend genannten Entscheidung hatte sich das OLG Köln mit der durchaus umstrittenen Frage zu befassen, wann der Anspruch des AN auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verjährt. Der AG hatte den AN im Zuge eines VOB/B-Bauvertrages mit der mit der Durchführung von Rohbauarbeiten bei dem Neubau eines Mehrfamilienhauses beauftragt. Die Arbeiten wurden seitens des AN im Frühjahr 2013 ausgeführt und spätestens im Mai 2014 abgenommen. Im Zuge der Schlussrechnungsprüfung nahm der AG diverse Kürzungen vor. Der AN hielt die Kürzungen teilweise für nicht berechtigt und erhob insoweit im Jahr 2015 eine Werklohnklage gegen den AG. Mit Schreiben vom 27.09.2018 forderte der AN den AG darüber hinaus auf, bis zum 08.10.2018 eine Sicherheit über einen Betrag von 88.000,00 Euro zu stellen, was der AG ablehnte. Der AG berief sich insoweit auf die Einrede der Verjährung. Der AN verfolgte diese Ansprüche mit der Klage weiter. Mit Urteil vom 07.08.2019 wies das LG die Klage mit der Begründung ab, dass der Anspruch des AN auf Stellung einer Sicherheit der Verjährung unterliege. Die Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit unter liege der regelmäßigen Verjährungsfrist (3 Jahre). Die Verjährungsfrist beginne mit Ende des Jahres zu laufen, in dem der Bauvertrag geschlossen wurde. Hiergegen legte der AN Berufung ein.
Wie entschied das OLG Köln?
Auf die Berufung des AN wurde das Urteil des Landgerichts abgeändert. Der AG wurde zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verurteilt. Das OLG führte hierzu aus, dass entgegen der Auffassung des LG die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nicht bereits mit Ende des Jahres Beginne, in welchem der Bauvertrag geschlossen wurde. Vielmehr sei als Verjährungsbeginn das Ende des Jahres anzunehmen, in welchem der AN erstmalig vom AG die Stellung der Sicherheit gefordert habe – hier also Ende 2018, so dass eine Verjährung frühestens zum Ende des Jahres 2021 eintreten könne. Bei dem Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit handele es sich um einen sogenannten verhaltenen Anspruch, der zwar jederzeit, aber nur auf Verlangen des Berechtigten (AN) zu erfüllen sei, sodass die Verjährungsfrist erst mit dem Sicherungsverlangen zu laufen beginne. Dies folge bereits aus der Überlegung, dass der Besteller die Sicherheit nicht ohne eine entsprechende Aufforderung des Unternehmers sofort erbringen dürfe. Andernfalls könnte der Besteller dem Unternehmer eine von diesem nicht veranlasste Kostenlast aufdrängen (Stichwort Aval-Kosten). Dem Argument LG, es sei dem Unternehmer zumutbar, sich innerhalb von drei Jahren darüber klar zu werden, ob er die Sicherheit fordern wolle, stehe entgegen, dass es häufig komplexe und langwierige Bauvorhaben gebe, bei denen sich erst zu einem späteren Zeitpunkt die Notwendigkeit einer Bausicherheit herausstelle. Das OLG Köln ließ die Revision zu. Seitens des AG wurde Revision eingelegt. Der BGH hat sich hierzu noch nicht positioniert.
Praxistipp!
Gerade unter Berücksichtigung der derzeitigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, insbesondere bedingt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, besteht auf Seiten der am Bau Beteiligten ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis. Auch wenn das Urteil des OLG Köln noch nicht rechtskräftig ist, so ist dieses doch äußerst überzeugend begründet. Die Entscheidung sollte daher auf Auftragnehmerseite zum Anlass genommen werden, in den bestehenden vertraglichen Verhältnissen, in welchen noch Restwerklohn aussteht, zu prüfen, ob in dem ein oder anderen Einzelfall zur Vorsicht nicht doch noch die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verlangt werden sollte.