Arbeitsrecht

BAG: Auch für Fremdgeschäftsführer einer GmbH gilt das deutsche UrlaubsrechtAuch für Fremdgeschäftsführer gilt das deutsche Urlaubsrecht, sofern sie Arbeitnehmer im europarechtlichen Sinn sind.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer über ihre Urlaubsansprüche und einen drohenden Verfall unterrichten. Unterlässt der Arbeitgeber diese ordnungsgemäße Aufklärung, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen und unterliegt lediglich den üblichen Regelungen der Verjährung. Das BAG hatte in einem aktuellen Fall zu entscheiden, ob die als Geschäftsführerin beschäftigte Klägerin als Arbeitnehmerin im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes anzusehen war.

1. Zusammenfassung des Verfahrens

Die Klägerin war als Geschäftsführerin bei der Beklagten angestellt. Sie hatte eine tägliche Arbeitszeit von 7 Uhr bis 18 Uhr einzuhalten. Vormittags hatte sie am Telefon eine „Kaltakquise“ durchzuführen, am Nachmittag hatte sie in Eigeninitiative Leistungen anzubieten und wurde im Außendienst, zu Kundenbesuchen und mit Kontroll- und Überwachungsaufgaben eingesetzt. Wöchentlich hatte sie 40 Telefonate und 20 Besuche nachzuweisen. Ferner führte sie Vorstellungsgespräche und Einstellungsverhandlungen. Nach sechsjähriger Betriebszugehörigkeit sah der Dienstvertrag der Parteien einen Jahresurlaub von 33 Tagen vor, den die Klägerin bei der Gesellschaft beantragen musste. Im Jahr 2009 nahm die Klägerin elf Tage und im Jahr 2020 keinen Urlaub in Anspruch. Das Vertragsverhältnis der Parteien endete durch Kündigung der Klägerin vom 25.10.2019 zum 30.06.2020. Vom 30.08.2019 bis zur Beendigung des Vertragsverhältnis meldete sie sich krank und erbrachte keine Leistungen mehr.

Das BAG entschied, dass die Klägerin als Geschäftsführerin Urlaubsabgeltung verlangen kann. Das BAG stellte darauf ab, dass das Bundesurlaubsgesetz die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie umsetzt. Aus diesem Grund ist die Frage, wer Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie ist, europarechtskonform zu bestimmen. Arbeitnehmer ist nach der Definition des Europäischen Gerichtshofs „wer während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt und für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält.“ Entscheidend sind also die Bedingungen, unter denen das Mitglied der Unternehmensleitung bestellt wurde, die Art der ihm übertragenen Aufgaben, der Rahmen, in dem diese Aufgaben ausgeführt werden, der Umfang der Befugnisse und die Kontrolle, der das Mitglied innerhalb der Gesellschaft unterliegt, sowie die Umstände, unter denen er abberufen werden kann.

Da die Klägerin bei der Verrichtung ihrer Tätigkeit in hohem Umfang der Weisung des Unternehmens und der Kontrolle durch das Unternehmen unterlag, war sie als Arbeitnehmerin im Sinne des Unionsrechts zu qualifizieren.

2. Fazit

Die Entscheidung des BAG zeigt einmal mehr, dass Fremdgeschäftsführer einer GmbH immer dichter an den Status eines Arbeitnehmers heranrücken. Dies deshalb, da der EuGH bei Fremdgeschäftsführern auf deren freie Abberufbarkeit und Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung verweist, woraus dann die Arbeitnehmereigenschaft folge.

Dieses Urteil dürfte von hoher praktischer Relevanz sein. Erfolgt keine Unterrichtung der Fremdgeschäftsführer über ihren Urlaubsanspruch und die Möglichkeit des Verfalls oder ist die Unterrichtung nicht hinreichend transparent, erlöschen nicht genommene Urlaubsansprüche nicht mit dem Ablauf des Kalenderjahres, sondern werden auf das nächste Kalenderjahr übertragen und entsprechend fortgeschrieben. Da der GmbH-Fremdgeschäftsführer die Unterrichtungspflicht nicht sich selbst gegenüber erfüllen kann, ist die Gesellschafterversammlung für die Unterrichtung zuständig.

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