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Das zwölfte Paket der EU-Russland-Sanktionen

  1. Das zwölfte EU-Sanktionspaket gegen Russland- weitere Änderungen des EU-Sanktionsrechts

Die Mitgliedstaaten der EU haben sich am 18.12.2023 erneut auf ein umfassendes Maßnahmenpaket von Sanktionen in Beantwortung der russischen Aggression und des von Russland in der Ukraine geführten Krieges verständigt. Seit dem 19.12.2023 sind diese Regelungen vollständig in Kraft getreten und damit sowohl Erweiterungen handelsbezogener als auch personenbezogener Sanktionen, die zu Änderungen im Rahmen der jeweiligen Zuordnung unter den bestehenden EU-Verordnungen 833/2014 und 269/2014 geführt haben.

Neben dem Echo, das das Maßnahmenpaket hinsichtlich des Verbotes direkten oder indirekten Handels mit Diamanten russischen Ursprungs erhalten hat, ist insbesondere die Fokussierung auf ein weiteres Unterbinden von Umgehungsgeschäften hervorzuheben.

Die mediale Fokussierung auf das Verbot des Diamantenhandels bringt die Gefahr mit sich, weitere und für andere Geschäftsbereiche relevante Neuregelungen nicht zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Beitrag versucht, dem zumindest für wesentliche Regelungen entgegenzuwirken.

Insbesondere im Geschäftsverkehr empfiehlt es sich, die neuen Regelungen zu analysieren und in Compliance-Systemen umzusetzen.

Import- und Exportverbote sind erneut erweitert worden. Diese Regelungen werden eingehender unter 2. erläutert. Auf zentrale Regelungsbereiche, die die maritime Wirtschaft betreffen, werfen wir unter 3. ein Schlaglicht. Unter 4. widmen wir uns in Kürze dem weiten Feld des Umgangs mit Investitionen in Russland, der unter dem zwölften Sanktionspaket besonders im Zusammenhang mit der Erweiterung der Liste sanktionierter Unternehmen und Personen steht. Dabei sollen – ebenfalls in Kürze – die Herausforderungen für Rechtsberater aufgezeigt werden.

Die Erweiterungen der Sanktionslisten spiegeln insbesondere wider, dass die unter dem Begriff der Gegensanktionen bekannten Maßnahmen gegen russische Tochterunternehmen in der EU angesiedelter Unternehmen zu enormen Profiten von in der Regel kremlnahen Profiteuren in Russland geführt haben, die im Zuge von Enteignungen günstig Produktionsstandorte übernehmen konnten oder anderweitig von den staatlichen Maßnahmen Russlands Vorteil ziehen konnten. Weitere Erläuterungen hierzu finden sich unter 5.

  1. Handelsbezogene Sanktionen

No-Russia-Clause

Exporteuren ist die Überprüfung anzuraten, ob sie Güter oder Technologien, die in den Anhängen XI (Luft- oder Raumfahrtindustrie), XX (Flugturbinenkraftstoffe) oder XXXV (Feuerwaffen), Feuerwaffen und Munition gemäß Liste der in Anhang I der EU-Verordnung Nr. 258 / 2012 oder Güter mit hoher Priorität, die gemäß Anhang XL der Verordnung, aufgeführt sind, exportieren. Gemäß des nun geltenden Art. 12g Abs. 1 der EU-Verordnung 833/2014 ist dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Export in eines der aufgelisteten Partnerländer gerichtet ist. Als solches Partnerland gelistet sind derzeit die USA, Japan, Großbritannien, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen und die Schweiz. In jedem anderen Fall ist der Handelspartner zu verpflichten, eine Unterlassungserklärung für eine Wiederausfuhr nach Russland abzugeben. Diese Verpflichtung (auch als „No-Russia-Clause“ bezeichnet) gilt ab dem 20. März 2024, also mit recht kurzer Vorlaufzeit und betrifft allerdings nur Vertragsabschlüsse ab dem 20. Dezember 2023.

Verstoß- Meldepflicht

Bei einem Verstoß durch einen in einem Drittstaat ansässigen Vertragspartner sieht die Verordnung eine Meldepflicht des EU-ansässigen Exporteurs bei Bekanntwerden des Verstoßes vor. Es ist empfehlenswert, eine dementsprechende Prozessstruktur in den Compliance-Vorgaben des Unternehmens vorzusehen.

Durchfuhrverbot

Parallel zu den Exportverboten ist das Durchfuhrverbot für Güter und Technologien durch Russland erweitert worden, Anhang XXXVII der EU-Verordnung 833/2014 listet die dabei zu beachtenden Güter und Technologien auf. Exporteuren ist zu raten, sicherzustellen, dass die von ihnen exportierten Güter nicht entsprechend gelistet sind oder sichergestellt ist, dass eine Durchfuhr durch Russland unterbleibt.

Importverbote – besonders Diamantenhandel, Metalle und LPG

Das bereits erwähnte Verbot des Diamantenhandels mit Diamanten aus Russland gilt ab dem 1. Januar 2024 für natürliche und synthetische Diamanten, dem direkten Diamantenhandel. Mit Vorlaufzeit, so dass sich ein Zertifizierungssystem etablieren kann, ist angekündigt, den indirekten Handel, beispielweise mit in Drittländern hergestelltem Schmuck, zu untersagen, der Stichtag hierfür ist der 1. September 2024. Angesichts des Volumens der Einnahmen von Russland ist Kritik verlautbar geworden, diese Einschränkungen des Diamantenhandels nicht bereits früher ergriffen zu haben, zumal es sich bei dem Handel mit natürlichen Diamanten im Wesentlichen um ein Monopolgeschäft des überwiegend in Staatseigentum befindlichen Konzerns Alrosa handelt. Der weltweite Diamantenhandel wird für Russland mit jährlichen Einnahmen von vier Milliarden Euro geschätzt. Alrosa ist nun nachgelagert am 03. Januar 2024 auf die Sanktionsliste gesetzt worden. Insgesamt ist für den Diamantenhandel besonders wichtig zu beachten, dass die Verfolgbarkeit von Umgehungsgeschäften und Verbotshandlungen eine Herausforderung ist. Eine Herkunft aus Russland praktisch nachzuweisen, ist insbesondere nach dem Schliff ein schwieriges Unterfangen, ohne ein strenges Zertifizierungssystem wäre es allzu leicht, die Verbote zu umgehen.

Weitere Importverbote des 12. EU-Sanktions-Paketes betreffen den Handel mit Metallen oder Rohstoffen für die Stahlproduktion sowie verflüssigtem Erdgas. Die jährlichen Einnahmen Russlands aus diesem Geschäftsfeld schätzt die EU auf eine Milliarde Euro. Der neu gefasste Absatz 4 des Art. 3l der Verordnung zählt daneben die Elemente auf, Titan, Aluminium, Kupfer, Nickel, Palladium auf und den Rohstoff Eisenerz. Die EU hatte festgestellt, dass Russland bei diesen Gütern seine Exporte in die EU noch gesteigert hatte.

Mit dem 12. EU-Sanktions-Paket werden als Änderung des Art. 3g und 5a der EU-Verordnung 833/2014 auch Übergangsfristen für das vollständige Verbot der Einfuhr von Eisen- und Stahlprodukten in die EU verlängert, wobei die Mengen über einen verlängerten Zeitraum von vier Jahren schrittweise reduziert werden. Diese Verlängerung trägt den sehr spezifischen Bedürfnissen von Teilen der EU-Stahlindustrie Rechnung.

  1. Schlaglicht auf Regelungen, die die maritime Wirtschaft betreffen

Preisobergrenze und Eindämmung von Umgehungsgeschäften

Als zentrale Einnahmequelle für Russland ist an Öl und Gas zu denken. Die vorherigen Sanktions-Pakete, wir verweisen auf unsere Beiträge zum sechsten, achten und neunten Sanktions-Paket, haben zur Eindämmung der Einnahmen unter Berücksichtigung des weltweiten Bedarfs unter anderem den Ölpreisdeckel hervorgebracht. Die Umgehung der diesbezüglichen Verbotstatbestände spielt bei den Regelungen des 12. EU-Sanktions-Pakets eine wichtige Rolle.

Um diese Regelungen zu würdigen, bedarf es zunächst einiger Erläuterungen zum Ausmaß der sich darstellenden Herausforderungen. Dabei spielen die Begriffe der Schattenflotte und des Spoofing sowie STS eine Rolle und sollen daher kurz erläutert werden.

Zunächst sei auf den zwar prägnanten, allerdings nicht so klar definierten Begriff der Schattenflotte eingegangen.

Die Bestimmungen zur Einhaltung einer Obergrenze des aus Russland stammenden Öls und Einschränkungen verbundener Dienstleistungen, der sogenannte Ölpreisdeckel, und die gegenteilige Nachfragesituation auf den Weltmärkten, haben es zugelassen, dass die Umgehung des Ölpreisdeckels zu einem Geschäftsfeld geworden ist.

Die Auswirkungen dieses Geschäftsfelds und seine Risiken sind von enormer Bedeutung für viele und sollten insofern politisch insbesondere den Staaten vor Augen geführt werden, die neben Russland von der Umgehung des Ölpreisdeckels profitieren.

Der Begriff der Schattenflotte ist geprägt worden im Zusammenhang mit Schiffen, die zur Umgehung des Ölpreisdeckels eingesetzt werden.

Es handelt sich dabei um teilweise ältere Tankertonnage. Im Falle einer Ölverschmutzung durch diese Tanker oder auch für den Fall einer Kollision mit einem derartigen Tanker stellen sich komplexe Fragen.

Windward, eine Maritime AI™ Intelligence-Plattform, hat eine Unterscheidung zwischen einer als „dark“ und einer als „grey“ eingestuften Schiffsflotte getroffen (https://windward.ai/knowledge-base/illuminating-russias-shadow-fleet/). Während letztere durch auffällige kommerzielle Aktivitäten wie den Wechsel der Flagge in kurzen Abständen und von Organisationsstrukturen zur Tarnung der geschäftlichen Aktivitäten gekennzeichnet ist, zeichnet sich die als „dark“ eingestufte Flotte durch gezielte Aktivitäten zur Umgehung von Sanktionen aus, die als betrügerische Schifffahrtspraktiken bekannt sind.

Das Ausmaß dieser Aktivitäten spiegelt die Abhängigkeit Russlands von den Einnahmen aus dem Ölgeschäft wider. Nach Angaben von Winward lassen sich +1.800 Schiffseinheiten der „dark fleet“ zuordnen, weitere +700 Schiffe fallen in die Kategorie der „grey fleet“. Das Geschäftsvolumen und parallel dazu die Risiken dieses Geschäftsfeldes sind enorm. Technische Finessen erscheinen den Akteuren lohnend zu sein. Das soll folgernd erläutert werden, wobei die Begriffe STS und Spoofing eine Rolle spielen.

Zunächst sei daran erinnert, dass es seit dem 11. Sanktions-Paket der EU, vielmehr seit dem 24. Juli 2023, verboten ist, Schiffen, die Umladungen von Schiff zu Schiff (STS) vornehmen, den Zugang zu EU-Häfen und Schleusen zu gewähren, wenn die zuständige Behörde des EU-Mitgliedstaats den begründeten Verdacht hat, dass das Schiff entweder gegen das Verbot der Einfuhr russischen Rohöls und russischer Erdölerzeugnisse auf dem Seeweg in die EU verstößt oder russisches Rohöl oder russische Erdölerzeugnisse unter Missachtung der Preisobergrenze transportiert.

Für ein STS ist es erforderlich, dass zwei Schiffe eng nebeneinanderliegen, um die Umladung der Ladung vorzunehmen. Um derartige Operationen zu verschleiern, kann es zwecks Umgehung der EU-Sanktionen vorkommen, dass zumindest eines der beiden Schiffe sein automatisiertes Identifikationssystem ausschaltet, damit der STS nicht erfasst werden kann.

Parallel und alternativ kann das sogenannte Spoofing zum Einsatz kommen, um sanktionswidriges Handeln zu verschleiern. Hierbei wird ausgenutzt, dass das GPS- System vom Empfang von Signalen abhängt. Diese werden gezielt gestört, so dass für ein Objekt in Echtzeit falsche Koordinaten ausgewiesen werden. Das hierdurch allein bereits eine erhöhte Gefahrenlage für den Schiffsverkehr geschaffen wird, liegt auf der Hand. Bedenkt man zudem noch die Risiken, die einer STS-Operation, insbesondere bei stürmischer See, zuzumessen sind und rechnet man die altersbedingten Risiken der eingesetzten Tonnage hinzu, so wird schnell deutlich, dass bei fehlendem Versicherungsschutz der eingesetzten Schiffe die Küstenstaaten und damit letztlich die einzelnen Steuerzahler dieser Küstenstaaten einem erheblichen finanziellen Risiko gegenüberstehen, wenn es gilt, Umweltverschmutzungen zu beseitigen, die mit dieser Praxis einhergehen können. Es ist auch nicht per se auszuschließen, dass in sanktionswidrige Operationen eingesetzte Schiffe nicht doch noch über ein Versicherungszertifikat von einem etablierten Versicherer verfügen. Damit verbinden sich Risiken für den Versicherer, einen direkt gegen ihn gerichteten Anspruch ausgleichen zu müssen, namentlich wegen einer Ölverschmutzung oder Wrackbeseitigung.

Die EU hat mit dem nun gültigen Art. 3na der EU-Verordnung 833/2014 ein Instrument erschaffen, um zu versuchen, die entsprechenden Schiffe zumindest aus dem Gebiet der EU herauszuhalten. Dazu soll ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten erfolgen. Angemerkt sei hierzu, dass dem Umweltschutz auf hoher See mit diesem Instrument nicht direkt gedient werden kann und dass eine mögliche Ölverschmutzung auf hoher See sich immer noch als Herausforderung für einzelne Küstenstaaten herausstellen kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es erstrebenswert, dass sich des Problems der Schattenflotte auf internationaler Ebene angenommen wird.

Einen Ansatzpunkt hierbei das als Blue Card bekannte Zertifizierungssystem bieten. Denn die Zertifikate weisen sowohl Eigner als auch den Haftpflichtversicherer eines Schiffes namentlich aus.

Eine Versicherungspflicht besteht gemäß den Internationalen Übereinkommen von 1969 und/oder dem Protokoll von 1992 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden (ÖlhaftungsÜ) und dem Internationalen Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden (BunkerölÜ). Ferner sieht das Wrackbeseitigungsabkommen von 2007 in Art 12 eine Versicherungspflicht für Schiffe ab 300 GT vor, die unter der Flagge eines Vertragsstaates fahren.

Allen diesen Übereinkommen ist gemein, dass sie nicht universell gelten, dass aber die wesentlichen Flaggenstaaten Vertragsstaaten sind.

Die Vertragsstaaten der ÖlhaftungsÜ sind daran gebunden, einem ihre Flagge führenden Schiff, das mehr als 2000 Tonnen Öl (1000 Tonnen bei Anwendung der BunkerölÜ) an Bord führt, Handel nur zu gestatten, wenn eine Bescheinigung über die Versicherung erteilt worden ist.

Im Rahmen dieser Übereinkommen kann zudem jeder Vertragsstaat jederzeit den ausstellenden oder bestätigenden Staat (den Staat des Schiffsregisters) um eine Konsultation ersuchen, wenn er Anlass dazu sieht, dass der in der Bescheinigung genannte Versicherer oder Sicherheitsgeber finanziell nicht in der Lage ist, die Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen zu erfüllen.

Da dies bei allen Schiffen, die der Schattenflotte zuzuordnen sind, in Frage zu stellen sein wird, kommt Erkenntnisgewinnen und raschem Informationsaustausch darüber, um welche Schiffe es sich hierbei handelt, eine Bedeutung zu. Denn es ist davon auszugehen, dass nicht sämtliche Schiffe, die der Schattenflotte zugeordnet werden können, ausschließlich in Russland registriert sind.

Insofern gibt es ein bestehendes Instrument mit Hilfe dessen sowohl die Eigentums- als auch die Versicherungsverhältnisses eines Schiffes beleuchtet werden können, wenn der Staat, in dem es registriert ist, Vertragsstaat einer der vorgenannten Übereinkommen ist.

Ferner hat die EU mit dem 12. Sanktions-Paket die Anforderungen zur Überprüfung der Einhaltung des Ölpreisdeckels für private Akteure verschärft. Parteien, die nicht unmittelbar am Kaufvertrag beteiligt sind, sollen über aufgeschlüsselte Preisinformationen zu Nebenkosten verfügen. Diese Preisinformationen sind bei Bescheinigungen über die Konformität eines Öltransportes mit den Bestimmungen zur Preisobergrenze zu berücksichtigen.

Schiffseigner und Versicherer sollten in der Lage sein, im Rahmen ihrer Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht die von den Akteuren mit größerer Nähe zum Ursprung der Informationen bereitgestellten aufgeschlüsselten Kosteninformationen zu erheben und weiterzugeben. Bei der Bearbeitung von Schadenfällen ist es daher notwendig, an die bestehende Rechtslage hinsichtlich der EU-Sanktionen zu denken! Diese Verfeinerung bereits bestehender Regelungen macht deutlich, welche Bedeutung die EU der Einhaltung des von ihr entwickelten Mechanismus des Ölpreisdeckels beimisst. Letztlich ist dies konsequent, denn Russlands Einnahmen aus dem Ölgeschäft sind auch für seine Kapazität der weiteren Kriegsführung von erheblicher Tragweite.

Tankerverkauf ab 05. Dezember 2022

In diesem Zusammenhang ist die Neuregelung des Art. 3q der EU -Verordnung 833/2014 näher zu betrachten.

Der zentrale Zweck der Vorschrift ist es, Russlands Fähigkeiten zu beschränken, eine vergrößerte Tankflotte aufzubauen, um so den Ölpreisdeckel zu unterminieren. Daher dürfen Schiffe, die zur Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen gemäß Anhang XXV, die unter dem HS-Code ex 8901 20 eingereiht werden, mit oder ohne Ursprung in der Union unmittelbar oder mittelbar natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland nicht verkauft werden oder ihnen das Eigentum daran übertragen werden. Für einen Verkauf eines derartigen Schiffes in ein jedwedes Drittland ist eine Meldepflicht zu beachten. Dies Meldepflicht ist zeitlich rückwirkend ausgestaltet und findet auch Anwendung für alle Verkäufe ab dem 5. Dezember 2022.

Lotsendienste

Eine der Sicherheit des Seeverkehrs dienende Ausnahme von Verbotsvorschriften enthält Art. 12d, demnach sind erforderliche Lotsendienste ausdrücklich gestattet. Ein Lotse wird daher nicht erst aufwendige Prüfungen durchzuführen haben, um eine Assistenz regelmäßig unter der Maßgabe begrenzter Zeiträume zu erbringen.

  1. Investitionsabzug

Das zwölfte EU Sanktions-Paket reagiert auf die festzustellenden Entwicklungen hinsichtlich in Russland in der Vergangenheit durch ausländische Unternehmen erfolgte Investitionen und Russlands Umgang mit diesen Investitionen.

Die Entscheidung eines Unternehmens, wie mit Investitionen aus der Vergangenheit in Russland umgegangen werden soll, hängt mit vielschichtigen Fragestellungen zusammen. Vereinfachend dargestellt ist insbesondere das Risiko weitreichender Wertverluste bei einem Abzug der Investition aus Russland gegenüber den Risiken eines Reputationsverlustes abzuwägen. Insbesondere Unternehmen, die ihre Gewinne durch Geschäfte in Russland nach Kriegsbeginn erhöht haben, stehen dabei in besonderem Licht der Öffentlichkeit.

In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass die EU sich effektive Sanktionen, „smart sanctions“, zum Ziel gesetzt hat, die die Bevölkerung Russlands nicht im gleichen Maße treffen sollen wie die Machtapparatur des Kremls und seine Nutznießer.

Dem Abzug von Investitionen ist der neue Art. 12b der EU-Verordnung 833/2014 gewidmet und sieht für einen Investitionsabzug bis zum 30. Juni 2024 weitgehende Ausnahmemöglichkeiten von ansonsten geltenden Verboten vor, sofern eine Genehmigung hierzu erteilt ist. Für viele Unternehmen werden diese Regelungen angesichts der Gefährdung der Investitionen in Russland absehbar Beratungsbedarf auslösen, damit sie die im Rahmen von Art. 12b konzeptionell entworfenen Vorteile in ihre Überlegung einbeziehen können, wie mit Investitionen in Russland am besten umzugehen ist.

Im Zusammenhang mit Beratungen von Unternehmen ist in eigener Sache ein Problemaufriss geboten, der Dienstleistungen eines Rechtsanwalts betrifft.

Es ist unumstritten, dass eine Dienstleistung eines Rechtsanwalts nicht als wirtschaftliche Ressource angesehen werden kann, ansonsten wäre die Erlaubnis, Kosten der Rechtsverteidigung selbst von eingefrorenen Konten zu begleichen, widersprüchlich. Art. 5n der EU-Verordnungen 833/2014 und das darin verankerte Verbot Rechtsberatung zu erbringen, kann in der anwaltlichen Berufspraxis zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen, etwa wenn es um Fragen der Abwicklung von Investitionen durch eigenständige Tochterunternehmen in Russland geht, wobei es sowohl für beteiligte Banken und in der EU ansässige Mutterkonzerne als auch für die eingeschalteten Rechtsberater essenziell ist, sich konform mit den bestehenden EU-Sanktionen zu verhalten. Eine Rückabwicklung von in Russland getätigten Investitionen kann es durchaus erforderlich machen, dass beispielsweise Einverständnis mit russischen finanzierenden Banken über bestimmte Vertragsdetails erzielt werden muss. In welchem Umfang hier gegebenenfalls auch rechtliche Dienstleistungen gegenüber dem Vertragspartner erbracht werden, kann zumindest im Einzelfall streitig sein. Erscheint die Abgrenzung zunächst durch die Bestimmung des Mandatsverhältnisses greifbar zu sein, so ist nicht zwangsläufig sichergestellt, dass ein solches Verständnis vorbehaltslos durch eine ermittelnde Staatsanwaltschaft geteilt wird.

Im Einzelfall ist daher eine detaillierte Prüfung der Vorteilsnehmer möglicher Beratungsleistungen unerlässlich, selbst wenn sich die Verordnung selbst insofern um Klarheit bemüht, als dass mit Art. 5n Abs. 7 eine Ausnahme für alle in Russland niedergelassenen juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen vorgesehen ist, die sich im Eigentum oder unter der alleinigen oder gemeinsamen Kontrolle einer nach dem Recht eines Mitgliedstaates, eines dem europäischen Wirtschaftsraum angehörenden Landes, der Schweiz oder eines Partnerlandes gemäß Anhang VIII, also derzeit den Vereinigten Staaten von Amerika, Japan, Norwegen, dem Vereinigten Königreich, Südkorea, Australien, Neuseeland und Kanada gegründeten oder eingetragenen juristischen Person, Organisation oder Einrichtung befinden.

Die Erteilung von Rechtsrat zu geplanten Abzügen von Investitionen ist daher grundsätzlich möglich, Augenmaß und Vorsicht sind in der Beratung unbedingt geboten.

  1. Die Ausweitung der Sanktionslisten

Die individuellen, auf Unternehmen und Einzelpersonen gerichteten Sanktionslisten sind der EU-Verordnung 269/2014 zugeordnet. Sie sind erneut signifikant erweitert worden, mehr als 140 neue Einträge sind im Rahmen des 12 EU-Sanktionspaketes ergänzt worden.

Zur Effektivität der gegen diese Personen gerichteten Maßnahmen ist die nunmehr erfolgte Klarstellung begrüßenswert, die Namen können über den Tod hinaus gelistet bleiben und Maßnahmen auch in Bezug auf das Erbe umgesetzt werden.

Als Endnutzer des militärisch industriellen Komplexes gelistete Unternehmen finden sich mittlerweile nicht mehr nur in Russland, Usbekistan, dem Iran, Syrien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und China, sondern auch in Singapur. Die entsprechende Liste der Unternehmen in Anhang IV der EU-Verordnung 833/2014 umfasst nunmehr 622 Einträge.

  1. Weitere Hinweise

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat ein unverbindliches und nur zur Unterstützung bei Compliance-Aufgaben dienendes Hinweispapier veröffentlicht, dass unter der folgenden Website abrufbar ist: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/S-T/sanktionsumgehung-hinweispapier-fuer-unternehmen.pdf?__blob=publicationFile&v=8 .

Dieses Hinweispapier betont, dass die Erfüllung sanktionsbezogener Sorgfaltspflichten eine unternehmensindividuelle und einzelfallbezogene Identifikation und Analyse der jeweils bestehenden Risikoparameter voraussetzt und benennt einige dabei zu beachtende Risikoindikatoren.

Auf europäischer Ebene ist eine politische Einigung über eine Vereinheitlichung der Regeln der Strafanwendung bei Sanktionsverstößen zum Ende des Jahres erzielt worden. Eine entsprechende EU-Richtlinie wird absehbar und in Kürze in Kraft treten. Die Kompetenz zur strafrechtlichen Verfolgung von Sanktionsverstößen verbleibt dabei bei den Mitgliedstaaten, für die Strafzumessung bei einem festgestellten Verstoß wird die EU-Richtlinie dagegen Standards setzen.

  1. Bewertung

Es handelt sich bei den EU-Sanktionen gegen Russland um robuste, ohne Präzedenz bestehende Regelungen von enormer Detailtiefe. Umgehungsrisiken fortlaufend zu minimieren ist begrüßenswert, die Kehrseite ist hierbei jedoch eine zunehmende Belastung unternehmerischer Compliance-Aufgaben. Angesichts der Detailtiefe der Regelungen ist für den Fall identifizierten Beratungsbedarfes an die Einholung von Rechtsrat zu denken, überblicksartige Veröffentlichungen können nicht die Beratung im Einzelfall ersetzen. Dies gilt auch für diesen Beitrag. Im Handel mit bestimmten Rohstoffen, deren Herkunft nicht leicht nachweisbar ist, sind nach wie vor Herausforderungen hinsichtlich der effektiven Umsetzung der Sanktionsregelungen erkennbar. Wesentliche Einnahmequellen Russlands sind erfasst. Sinnvolle Maßnahmen zur Eindämmung der Einkünfte des russischen Machtapparates sind vorgenommen worden. Verschiedene Ausnahmeregelungen verdeutlichen, in welchem Maß einzelne Mitgliedstaaten der EU oder bestimmte Industriezweige vom Handel mit Russland, insbesondere im Bezug von Rohstoffen sind. Unternehmen, insbesondere Unternehmen, die in der maritimen Wirtschaft tätig sind oder im weltweiten Warenverkehr, ist zu empfehlen, sich mit den Regelungen vertraut zu machen und für ihre effektive Einhaltung Sorge zu tragen.

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