Die Kosten einer Nachtragserstellung sind nicht erstattungsfähig
(BGH, Urteil v. 22.10.2020 – VII ZR 10/17)
- 20. April 2021
- Veröffentlicht durch: Ahlers & Vogel
- Kategorie: Bau- und Architektenrecht
Worum ging es?
Im Zuge der Durchführung eines Bauvorhabens zur Errichtung einer Straßenüberführung über Gleisanlagen kam es im Rahmen des Vergabeverfahrens – nach Verlängerung der Bindefrist – zu einer verspäteten Zuschlagserteilung. Dieser Umstand führte dazu, dass der Bauablaufplan angepasst und ein neuer Fertigstellungstermin festgelegt wurde. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass einzelne Genehmigungen noch fehlten, sodass sich der Baubeginn in Folge eines angeordneten Baustopps weiter verzögerte. Der Auftragnehmer machte nunmehr wegen der verzögerten Vergabe und des verhängten Baustopps Mehrvergütungsansprüche geltend. Dabei wollte er insbesondere auch die Kosten für ein baubetriebliches Privatgutachten erstattet haben, das er zur Ermittlung der verzögerungsbedingten Mehrkosten eingeholt hatte.
Wie entschied der BGH?
Zunächst einmal lies es der BGH dahinstehen, ob ein angeordneter Baustopp, der seine Ursache im Risikobereich des Auftraggebers hat, Mehrvergütungsansprüche nach § 2 Abs. 5 VOB/B begründet. Dies tat der BGH deshalb, weil er feststellte, dass Kosten eines Privatgutachters zur Ermittlung der Mehrvergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B jedenfalls keine „Mehrkosten“ im Sinne dieser Vorschrift darstellen. Zur Begründung führte der BGH aus, dass bei einer Vereinbarung eines neuen Preises im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B die Mehr- und Minderkosten berücksichtigt werden sollten, die dem Auftragnehmer durch die Ausführung der jeweiligen Leistung entstehen. Nicht erfasst seien aber diejenigen Kosten, die zur Ermittlung oder Darlegung der geschuldeten Vergütung anfallen.
Eine Erstattung der Kosten könne dabei auch nicht auf Grundlage von § 2 Abs. 9 Nr. 1 VOB/B erfolgen. Nach dieser Vorschrift habe der Auftraggeber Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag nicht zu beschaffen hat, zu vergüten, wenn der Auftraggeber dies vom Auftragnehmer verlangt. Ein solches „Verlangen“ des Auftraggebers liege aber gerade nicht vor.
Weiter stellte der BGH fest, dass die Kosten auch dann nicht ersetzt werden könnten, wenn Mehrvergütungsansprüche nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufgrund einer verzögerten Vergabe geltend gemacht würden.
Praxistipp!
Mit der vorliegenden Entscheidung des BGH sind Kosten zur Ermittlung der Mehrvergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B in Form von internen und externen Kalkulations- sowie Nachtragsbearbeitungskosten zukünftig nicht mehr zu erstatten.
Andere Begleitkosten, die im Zuge der Nachtragsausführung entstehen, sind nach § 2 Abs. 9 Nr. 1 VOB/B nur dann erstattungsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit der Planung der Nachtragsleistungen entstehen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Auftraggeber für die Planung verantwortlich ist und er die entsprechende Planung durch den Auftragnehmer verlangt.
Bei weitergehenden Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen unsere Experten aus dem Bau- und Architektenrecht gern zur Verfügung.