Aussenhandelsrecht

Das 19. Paket der EU-Russland-Sanktionen

Über das 19. Sanktionspaket der EU als Reaktion auf die russische Aggression und des von Russland in der Ukraine geführten Krieges ist über einen langen Zeitraum verhandelt worden. Im Zentrum der Verhandlungen, insbesondere mit der Slowakei, standen Überlegungen der Auswirkungen auf den weltweiten Energiesektor. Für die weltweiten Märkte von Öl und Erdgas ist Russland ein bedeutender Lieferant und die Verengung des Angebotsmarktes hatte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Preisentwicklungen dieser Märkte ausgelöst.

Am 23. Oktober 2025 hat sich die europäische Union durch die EU-Verordnungen 2025/2033 und EU-Verordnung 2025/2041 über Änderung der EU-Verordnung Nr. 833/2014 verständigt, die Verordnung tritt ab dem 24. Oktober 2027 in Kraft. Hinsichtlich Weißrusslands ist der Beschluss 2012/642 durch den Beschluss 2025/2040 erneut erweitert worden. Die EU-Verordnung 2025/2041 enthält die entsprechenden Änderungen der EU-Verordnung 765/2006.

Es überrascht nicht, dass Maßnahmen, die den Energiesektor betreffen, bei den Erweiterung einen Kernbereich ausmachen. Wir werden hierzu kurz die wichtigsten Regelungen erläutern, um im Anschluss mit unserer Schwerpunktsetzung fünf weitere Kernbereiche zu beleuchten. Einer dieser Kernbereiche trifft auch Maßnahmen im Sektor der maritimen Wirtschaft.

  1. Verringerung russischer Einnahmen durch Flüssigerdgas

Die wirtschaftlich gesehen nach unserer Einschätzung weitreichendste Maßnahme des 19. Sanktionspaketes findet sich in einem neugefassten Art. 3ra. Gemäß Abs. 1 ist es ab dem 25. April 2026 verboten, russisches Flüssigerdgas (CN code 2711 11 00) direkt oder mittelbar zu kaufen, einzuführen oder zu verbringen.

Abs. 2 sieht für Altverträge, die vor dem 17. Juni 2025 abgeschlossen wurden und mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr vereinbart waren eine Altvertragsregelung vor, das Verbot steht hinsichtlich solcher Verträge erst ab dem 1. Januar 2027.

Diese Regelung dürfte unter anderem die US-Regierung freuen, zu erwarten ist ein Anstieg der Einnahmen für LNG aus den USA.

Die EU hat sich bei der Verabschiedung der Maßnahme jedoch bereits Gedanken dazu gemacht, wie einem möglichen Preisanstieg von Flüssigerdgas begegnet werden kann. Diversifizierung der Energie Bezugsquellen, engmaschiges Monitoring der Speichervorräte und Einsparungspotenziale stehen dabei im Mittelpunkt.

Bisher bestehende Ausnahmeregelungen für Geschäfte mit den Firmen Rosneft und Gasprom Neft entfallen. Dies gilt auch für Ölgeschäfte.

Bemerkenswert ist, dass die Sanktionsmaßnahmen in Fortführung dessen, was schon das 18. Sanktionspaket begonnen hatte, Raffinerien und Händler außerhalb von Russland erfassen und Geschäfte mit diesen untersagen. Im Rahmen des 19. Paketes werden chinesische Raffinerien gelistet, Liaoyang Petrochemical Company und Shandong Yulong Petrochemical Co., Ltd sowie Ölhandelsunternehmen, das in Hongkong ansässige Unternehmen Chinaoil (Hong Kong) Corporation Limited oder auch die in der in der Republik Tartarstan ansässige LLC Yadran-Group.

Damit hat sich eine Kontinuität entwickelt dahingehend, dass die Reichweite der Sanktionen ausgeweitet wird auf Unternehmen, die zwar in anderen Ländern ansässig sind, allerdings die russischen Energiegeschäfte ermöglichen und von ihnen profitieren.

  1. Verschärfungen der Sanktionen im Bereich der maritimen Wirtschaft

In diesem Zusammenhang ist auch an den Betrieb der Schattenflotte zu erinnern, auch dieser wird erneut in den Blick genommen und das 19. Sanktionspaket führt zu einer Listung von 117 weiteren Schiffen. Damit sind insgesamt nun 557 Schiffe gelistet.

Die reine Listung dieser Schiffe für bekanntermaßen nicht bereits zu ihrer Verbannung von Weltmeeren. Entscheidend ist daher vielmehr, wie international geltende Regularien gegenüber diesen Schiffen durchgesetzt werden können. Hierzu gibt es sowohl auf Ebene der EU als auch in anderweitigen diplomatischen Ebenen Überlegungen, die jedoch noch nicht zu einem durchsetzungsstarken Mechanismus geführt haben, der die von der Schattenflotte ausgehenden Gefahren wirksam eindämmen würde.

Eine zentrale Herausforderung im Zusammenhang der Schattenflotte sind flaggenrechtliche Aktivitäten, die zu realen oder scheinbaren Registrierungen von Schiffen führen, die der Schattenflotte zuzurechnen sind. Das 19. Sanktionspaket adressiert diese Herausforderung und führt in seiner Listung beispielsweise das in Dallas, USA, ansässige Unternehmen Aruba Maritime Administration & Offshore Company Registry auf, das in Beverly Hills ansässige und angeblich für Sint Maarten agierende Unternehmen MSTA-International Maritime Registries & Regulatory Inc.oder auch das in Essex, Großbritannien, ansässige Unternehmen International Maritime Ship Registry, dass angeblich im Auftrage von Curaçao tätig wird. Diese Listungen sind allesamt begrüßenswert, sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Russland nicht aufhören wird zu versuchen, von ähnlichen illegalen Aktivitäten zu profitieren.

Bei den Listungen im maritimen Sektor verdienen die Far Eastern Shipping Company alias FESCO sowie Volgotanker hervorgehoben zu werden, die nunmehr gelistet sind.

Eine Tochtergesellschaft von Lukoil mit Sitz in Dubai, die Firma Litasco Middle East DMCC ist als ein wichtiges Vehikel für die Vergrößerung der Schattenflotte erkannt worden und nun ebenfalls gelistet.

Auf regulatorischer Ebene sind aus unserer Sicht zwei Veränderungen besonders zu beachten. Wir können an dieser Stelle nur einen kurzen Überblick geben ohne die weitreichenden Folgen umfassend an dieser Stelle darstellen zu können.

Zunächst wird mit Hinblick auf die Schattenflotte klargestellt, dass von dem Verbot, Versicherungen für diese Schiffe bereitzustellen auch Rückversicherungen umfasst sind, dazu enthält Art. 3s eine neue Fassung, die Rückversicherungen explizit benennt.

Weitreichender als diese Regelung erscheint uns ein Transaktions– und Versicherungsverbot hinsichtlich der russischen Tonnage konzipiert worden zu sein, in einem neugefassten Artikel 5u. Dieses Verbot gilt sowohl für Schiffe als auch für Luftfahrzeuge, also insbesondere Flugzeuge. Danach gilt ein Verbot, Schiffe oder Luftfahrzeuge, die unmittelbar oder mittelbar von der Regierung Russlands oder einer in Russland niedergelassenen juristischen Person, Organisation oder Einrichtung betrieben wurden, in den fünf Jahren nach ihrem Verkauf oder jeder Art von Vereinbarung über ihre Vermietung zu verkaufen, bereitzustellen oder einen Vertrag oder eine Vereinbarung zu unterzeichnen oder anderweitig einzugehen, der bzw. die zu einem Risikotransfer oder einer Abtretung von Risiken im Zusammenhang mit dem Versicherungsschutz für solche Schiffe oder Luftfahrzeuge führt.

Mit dieser Regelung wird die Möglichkeit, asset-bezogenen Handels mit Schiffen und Luftfahrzeugen, weitreichend eingedämmt. Sowohl für Käufer von Tonnage als auch Versicherer ist es damit unerlässlich, die Eigentumshistorie jedes einzelnen Objekts vor Übernahme in den Bestand hinsichtlich des in der Vorschrift genannten Zeitraums genau nachvollziehen zu können. Es ist zu empfehlen, vorgenommene Prüfschritte und Ergebnisse sind dokumentiert vorzuhalten.

Hinweisen möchten wir auch an eine Erweiterung des Transaktionsverbotes mit Häfen und Schleusen, Artikel 5ae der EU-Verordnung 833/2014. Die Liste der Häfen und Schleusen, die von diesen Transaktionen innerhalb Russlands betroffen sind, ist nach wie vor als Anhang XLVII Teil A benannt. Neu ist, dass in einem Teil C dieses Anhangs zukünftig auch Häfen und Schleusen außerhalb Russlands aufgelistet sein können. Damit wird ein Zeichen gesetzt, dass die Beschaffungsindustrie Russlands nicht nur auf russischem Gebiet, sondern weltweit unter Beobachtung steht. Für Akteure der maritimen Wirtschaft ist es empfehlenswert, Veränderungen der Listung unter Teil C unter Beobachtung zu halten und insofern wachsam zu sein.

  1. Zugang zu Dual-Use Gütern

Beim Thema Beschaffungsindustrie ist selbstverständlich auch an das weiterreichende Themenfeld der Dual-Use Güter zu denken. Dabei sind Erweiterungen der EU-Verordnung Nr. 269/2014 im Rahmen der EU-Durchführungsverordnung 2025/2035 zu beachten. Zahlreiche russische Unternehmen und auch Unternehmen in anderen Ländern, insbesondere im asiatischen Raum, China, Indien und Thailand, sind in die Liste der von Transaktionsverboten aufgeführten Unternehmen aufgenommen worden, weil sie erwiesenermaßen den russischen Rüstungskomplex unterstützen. Vergleichbar hierzu ist auch in Bezug auf Weißrussland die Listung der Unternehmen ICT Horizont und Horizont Holding in Weißrussland, gemäß der EU-Durchführungsverordnungen 2025/2038 und 2025/2039. Der Beschluss 2025/2040 zur Eindämmung der Handelsbeziehungen mit Weißrussland bildet Schwerpunkte hinsichtlich des Handelsverkehrs mit Gütern, die zur militärischen und technologischen Stärkung von Weißrussland beitragen können.

  1. Änderungen im Finanzsektor

Der Beschluss spiegelt hinsichtlich der Maßnahmen im Finanzsektor die Regelung, die auch gegenüber Russland und der Eindämmung von Zahlungsverkehren durch Banken und Kryptobörsen beschlossen wurden.

Dazu gehört, dass es zukünftig erschwert werden soll, den Ausschluss vom Zahlungsverkehrssystems SWIFT durch alternative Dienste zu kompensieren. Daher ist es in der Union niedergelassenen und außerhalb Russlands tätigen juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen verboten, sich mit dem System für die Übermittlung von Finanzmitteilungen (SPFS) der Zentralbank Russlands oder der von der Zentralbank Russlands eingerichteten gleichwertigen spezialisierten Nachrichtenübermittlungsdienste für den Zahlungsverkehr und Zahlungsdienste, ab dem 25. Januar 2026 mit Systemen der Zentralbank Russlands oder mit Systemen mit einer Funktion zur Nachrichtenübermittlung für den Zahlungsverkehr, die von einer anderen nach russischem Recht gegründeten oder eingetragenen juristischen Person, Organisation oder Einrichtung bereitgestellt werden, einschließlich des Systems für schnelle Zahlungen (SBP) und des Mir, zu verbinden.

Verschiedene Übergangsfristen sind hinsichtlich verschiedener Systeme benannt, im Detail wird dies unter Anhang XLV der EU-Verordnung 833/2014 geregelt.

Zusätzliche einzelne Zahlungsdienste und weitere Banken sind in Abänderung der EU-Verordnung 269/2014 gelistet worden.

Verankerung im Rahmen der EU-Verordnung 833/2014 finden die Änderung in einer Neufassung des Artikels 5ad.

  1. Einschränkung von Umgehungsgeschäften

Insgesamt ist ein striktes Vorgehen der EU auf Basis von Erkenntnissen hinsichtlich Umgehungspraktiken zu erkennen. Davon sind neben Unternehmen in Russland und Weißrussland auch Banken und andere Akteure außerhalb dieser Länder betroffen – insbesondere in China, Indien und Zentralasien. Die Listung der Unternehmen geht teilweise ausdrücklich auf Umgehungstatbestände ein, wie sich beispielsweise in der Begründung der Listung der Tianjin Xishanfusheng International Trading Co. LTD nachlesen lässt

  1. Einschränkung der Bewegungsfreiheit russischer Diplomaten innerhalb der EU

Eine zunächst vielleicht weniger auf wirtschaftlicher Ebene bedeutende Änderung bringt das 19. Sanktionspaket hinsichtlich der Reisefreiheit russischer Diplomaten mit sich. Diese müssen sich zukünftig reisen innerhalb der EU vor Einreise in das Zielland anmelden.

Bei diesem Teil des Maßnahmenpaketes handelt es sich sicherlich eher um eine Regelung mit politischem Gewicht, die Wirtschaftskraft Russlands wird dadurch nicht erkennbar geschwächt.

  1. Ausblick

Schwerwiegender, sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf politischer Ebene, dürfte die derzeitige Debatte um die sogenannten Reparationsdarlehen ausfallen. Zwar ist zu verzeichnen, dass Russland zurzeit keine Verfügungsgewalt über eingefrorene Vermögenswerte hat, allerdings sind diese Vermögenswerte unzweifelhaft vom völkerrechtlich relevanten Eigentumsschutz umfasst. Würden diese zum jetzigen Zeitpunkt bereits als sogenannte Reparationsdarlehen eingesetzt, um die Ukraine unterstützen, wäre damit ein bedeutender Schritt hinsichtlich der notwendigen und absehbaren Reparationszahlungen Russlands an die Ukraine bereits geleistet und ein weiteres Problem, nämlich dass der Finanzierung der Unterstützung der Ukraine wäre quasi gelöst, denn es soll sich um Vermögen in Höhe von etwa 200 Milliarden € handeln. Debattiert wird jedoch, ob eine Gewährung der Rückzahlung an Russland gegen Reparationsleistungen seitens Russlands nach dem völkerrechtlichen Eigentumsschutz Genüge trägt. Zu einem gewissen Grade könnte dies zu einer reinen Verrechnung von Beträgen führen, die Russland gegenüber der Ukraine zu leisten hat. Dabei ist von einer Anerkennung rechtmäßiger Reparationsforderungen der Ukraine seitens Russlands nicht auszugehen. Insofern gilt es bedachtsam, die insbesondere von Belgien geäußerten Bedenken vor dem nächsten EU-Gipfel zu prüfen. Verbunden mit dem Sitz der Clearingstellen verwaltet Belgien ein Großteil dieser Vermögenswerte. Dabei wird seitens Belgien das Risiko betont, dass andere Länder Zentralbankgelder aus der Eurozone abziehen könnten, falls ein derartiges politisches Signal im Hinblick auf die russischen Zentralbankgelder gegeben wird. Bei der Beantwortung der Frage, ob es sinnvoll ist diesen Schritt zu gehen, könnte auch die Beantwortung der Gegenfrage eine Rolle spielen, ob es denkbar wäre, diese eingefrorenen russische Vermögenswerte bei Beendigung des Krieges einfach an Russland zurückzuüberweisen ohne dass Russland sich bereit erklärt, Reparationsforderungen der Ukraine zu erfüllen. Entscheidend müsste sein, dass der völkerrechtlich garantierte Eigentumsschutz hinsichtlich dieser Gelder sichergestellt ist. Diese Frage ist hochkomplex. Es ist nicht ersichtlich, dass die Gelder vor einem Zerfall des Geldwertes beispielsweise im Rahmen einer Inflation geschützt werden müssen oder schützenswert sind. Absolut undenkbar erscheint ein Mechanismus, diese Gelder im Rahmen von Darlehen zu nutzen, nicht. Eine derartige Verwendung sollte jedoch mindestens eine klare Regelung zu Sicherungskonzepten hinsichtlich der Darlehenssumme benennen. Dass die belgische Regierung nicht akzeptiert, dass Belgien alleine haftbar für diese Summe sein würde, erscheint verständlich. Die Erfassung eines einstimmigen Beschlusses innerhalb der EU ist angesichts der bekannten Haltung Ungarn zu diesem Thema aussichtslos. Die diplomatische Erörterung dieses Themas wird nicht nur spannend sein, sondern hat auch weitreichende historische Dimensionen.

  1. Bewertung

Bei dem 19. Sanktionspaket handelt es sich um eine erneute weitreichende Intensivierung der Sanktionsmaßnahmen mit Schwerpunkten, die militärischen Kräfte Russlands einzugrenzen und Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft zu verringern. Die maritime Industrie steht erneut besonders exponiert dar, dies ist parallel mit der Bedeutung der Schattenflotte für die russische Wirtschaft und die mit ihr verbundenen Risiken zu sehen.

Für Akteure der maritimen Wirtschaft bedeutet das, besonders achtsam zu sein, um eine Einhaltung der Sanktionsvorschriften zu gewährleisten.

Geopolitische Entscheidungen werden auf absehbare Zeit von herausragender Bedeutung für private Akteure und ihre wirtschaftlichen Betätigungsfelder sein. Sich engmaschig informiert zu halten, ist dabei entscheidender als jemals zuvor in der jüngeren Geschichte.

Angesichts der Detailtiefe der Regelungen ist für den Fall identifizierten Beratungsbedarfes an die Einholung von Rechtsrat zu denken, überblicksartige Veröffentlichungen können nicht die Beratung im Einzelfall ersetzen. Dies gilt auch für diesen Beitrag.

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