A&V in Straße und Autobahn: Der Bundesgerichtshof zur Bauzeit
- 20. Dezember 2024
- Veröffentlicht durch: Mutke Müller
- Kategorien: Bau- und Architektenrecht, Immobilienwirtschaftsrecht
Der BGH hat am 19.09.2024 ein Urteil zu Auftragnehmer-Ansprüchen wegen auftraggeberseitig veranlasster Bauzeitverlängerung verkündet.
Wir haben das hochaktuelle Urteil bereits in unserem Ahlers & Vogel Praxisforum Baurecht am 21.11.2024 in Hamburg vorgestellt. Für diejenigen von Ihnen, die nicht teilnehmen konnten, möchten wir das Urteil wegen der Praxisrelevanz kurz zusammenfassen:
Die Darlegungsanforderungen an die einzelnen Anspruchsgrundlagen hat der BGH weiter konkretisiert und verschärft. Die auftragnehmerfreundliche Rechtsprechung des Kammergerichtes aus 2019 und 2024 wurde vom BGH leider „kassiert“.
Aus rund sieben Monaten vertraglich vereinbarter Bauzeit wurden im vom BGH zu entscheidenden Fall rund 18 Monate Bauzeit. Der Auftragnehmer erstattete sechs Behinderungsanzeigen, die sich unter anderem auf eine fehlende bzw. unvollständige Ausführungsplanung und fehlende Vorunternehmer-Leistungen bezogen. Statt im Jahre 2018 wurden die vertraglich geschuldeten Leistungen im Wesentlichen im Jahr 2019 ausgeführt. Es gab 4 Nachtragsvereinbarungen. Die Fertigstellung erfolgte statt am 10.01.2019 im November 2019.
Vom Rechtsgefühl her würde man denken, das ist ein klassischer Fall, aus dem sich Mehrvergütungsansprüche generieren lassen, die auch dem Auftragnehmer zugesprochen werden müssen.
Weit gefehlt! – Der Auftragnehmer hatte mit seiner Klage keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen.
Lehrbuchmäßig hat der Bundesgerichtshof die geltend gemachten Ansprüche des Auftragnehmers anhand der fünf einschlägigen Anspruchsgrundlagen geprüft und im Ergebnis verneint. Dazu wie folgt:
– § 2 Abs. 5 VOB/B (Vergütung wegen bauzeitlicher Anordnung – BGH: Die Mitteilung einer Behinderung und die Übergabe fortgeschriebener Bauzeitenpläne sind keine vertragsändernden Anordnungen des AG)
– § 6 Abs. 6 S. 1 VOB/B (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung in Form nicht rechtzeitiger/unvollständiger Übergabe der Ausführungsplanung – BGH: Die Pflichtverletzung des AG muss adäquat-kausal für die Verzögerung sein. Erforderlich ist eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung jeder Behinderung, was dem AN nicht gelang. Eine verspätete Vorunternehmerleistung begründet laut BGH keine Pflichtverletzung des AG.)
– § 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B i.V.m. § 642 BGB (Entschädigung wegen auftraggeberseitigem Annahmeverzug – BGH: Derartige Ansprüche waren nicht Gegenstand der strittigen Nachtragsforderung.)
– ergänzende Vertragsauslegung (Dafür bot der Bauvertrag keine Anhaltspunkte.)
– Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB (Vom BGH verneint. – Anhaltspunkte dafür, wann eine schwerwiegende Änderung der Vertragsgrundlagen vorliegt, etwa in Form der prozentualen Bezifferung von Preissteigerungen, finden sich im Urteil allerdings nicht.)
Die detaillierte Begründung des BGH, unsere daraus resultierenden Handlungsempfehlungen sowie meine Kritik an dieser Rechtsprechung sind dem beigefügten Artikel für die Zeitschrift Strasse & Autobahn 12/2024 zu entnehmen.
Haben Sie weitere Fragen zu diesen oder anderen Themen? Unsere Experten unterstützen Sie gerne mit individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Lösungen.